Der Rechtsstaat hat sich durchgesetzt.
Die Bundesregierung hat diese Woche mit großer Verspätung endlich den Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) beschlossen. Zur Erinnerung: Bundesministerin Gewessler hatte im Dezember 2023 einen nicht abgestimmten Entwurf nach Brüssel geschickt. Das war unrechtmäßig, da sie dafür gemäß Bundesministeriengesetz das Einvernehmen mit dem Wirtschafts-, Finanz- und Landwirtschaftsministerium herstellen hätte müssen. Der Entwurf musste daher zurückgezogen werden.
Der dieswöchige Beschluss zeigt zwei Dinge:
Erstens, dass politische Einigungen immer möglich sind, sofern man bereit ist, aufeinander zuzugehen und Kompromisse im Sinne der Menschen zu finden - ohne ideologische Brille. Bundesministerin Gewessler hat es bei der Präsentation selber gesagt: "Am Ende zählt, dass ein gutes Ergebnis vorliegt."
Zweitens, dass der Rechtsstaat, die Verfassung und die Gesetze immer gelten und auch einzuhalten sind. Egal, welche Aufgaben wir zu bewältigen haben, ob Klimaschutz, Migration oder Terrorismus: Kein Thema, keine Ideologie, keine Meinung rechtfertigt es, dass wir dafür unsere Regeln außer Kraft setzen. Die Politik hat dem Recht zu folgen und nicht umgekehrt.
Lassen Sie es mich klar und deutlich sagen: Der Klimawandel ist ein ernsthaftes Problem. Wir dürfen keine Zeit verlieren und dennoch müssen gerade in dem Bereich alle eingebunden werden. Die Vorgehensweise der Klimaschutzministerin im Dezember 2023 war daher verstörend und ich war im doppelten Sinne gefordert: Als Verfassungsministerin, weil es mein erstes Anliegen ist, dass alles verfassungskonform abläuft. Und als Europaministerin, weil es um eine Vorlage nach Brüssel ging, die ich mangels Einhaltung der innerstaatlichen Regeln bei der Willensbildung per Weisung wieder zurückholen musste. Beim nicht abgestimmten Entwurf des NEKP im Dezember 2023 war mein Handeln alternativlos.
Angesichts der großen Aufregung darum und auch ob der großen Herausforderungen bin ich erleichtert, dass das Klimaschutzministerium seinen Fehler eingesehen und in den letzten Monaten, in Zusammenarbeit mit allen betroffenen Ministerien, einen ambitionierten NEKP erarbeitet hat. Dieser NEKP schafft eine ausgewogene Balance zwischen Klimaschutz und wirtschaftlicher Vernunft und wird so den Bedürfnissen der heimischen Wirtschaft, der Menschen und unseren Klimazielen gerecht.
Der Plan ermöglicht es uns, die Klimaziele zu erreichen und jene mitzunehmen, die von der Umsetzung am stärksten betroffen sind. Es gibt nun grünes Licht für die Stärkung von "Carbon Management" (u.a. durch Carbon Capture), die Förderung von Geothermie, den Ankauf von CO2-Zertifikaten und die Forcierung von Biokraftstoffen. Zudem wurden die Sektorziele, also konkrete Vorgaben für einzelne Branchen, gestrichen, um bei der Zielerreichung mehr Flexibilität zu haben und nicht Erfolge in einzelnen Sektoren, wie der Landwirtschaft, isoliert erzielen zu müssen.
Und bitte nicht verunsichern lassen: Eine Abschaffung des Dieselprivilegs oder der Pendlerpauschale ist im NEKP nicht vorgesehen.
Last but not least: Mit dem österreichischen NEKP sollten wir hoffentlich auch noch rechtzeitig mögliche Strafzahlungen durch ein Vertragsverletzungsverfahren abwenden.
Am Ende muss allen klar sein: Die Herausforderungen des Klimawandels werden wir nur bewältigen können, wenn wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen. Mit Hausverstand statt ideologischen Scheuklappen und in steter Achtung unserer Gesetze. Das nächste Mal dann hoffentlich von Anfang an.